Wie funktioniert überhaupt Geldpolitik und wie sieht es in Krisenzeiten aus?
Diese und weitere Fragen wurden uns von Herrn Helmut Wahl, Mitarbeiter der Deutschen Bundesbank, umfassend beantwortet. Am 09. März 2018 besuchte Herr Wahl die Schüler der Klassen 12 FWD und 13 FS an unserer Schule der FOS/BOS Memmingen und klärte sie über wichtige Themen der Geldpolitik des Eurosystems auf.
Zunächst erklärte er uns, welche Länder an der Europäischen Union und Währungsunion teilnehmen. Danach kam er auf die Spielregeln der Währungsunion zu sprechen und auf die Aufgaben des EZB-Rats, das Beschlussorgan, des Eurosystems. Die Eckpfeiler des Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) sind Unabhängigkeit sowie die Verpflichtung auf Preisniveaustabilität. Eine Kreditgewährung an öffentliche Haushalte darf nicht erfolgen.
Als nächsten Punkt erläuterte uns Herr Wahl das Ziel der Geldpolitik. Dies ist die Preisniveaustabilität (d. h. Grenzwert des Verbraucherpreisindex nahe 2%, um einen Sicherheitsabstand zur Deflation zu halten). Hier wurde vertieft auf die Inflation eingegangen. Diese entsteht durch einen allgemeinen und breit angelegten Anstieg der Preise für Waren und Dienstleistungen über einen längeren Zeitraum hinweg. Die Folgen einer Inflation sind insbesondere Einkommensverluste und Verluste bei Geldvermögen. Geschädigte einer Inflation sind somit Sparer und Bezieher von festen Einkommen. Begünstigt werden Schuldner, da der reale Wert der Kreditaufnahme im Laufe der Zeit sinkt.
Einer der wichtigsten Fragestellungen dieses Vortrages war: Wie funktioniert eigentlich Geldpolitik und wie sieht es in Krisenzeiten aus? Dabei ging er auf die Transmission geldpolitischer Impulse wie zum Beispiel die Senkung oder Erhöhung der Zinsen für die Kunden, aber auch auf den Zentralbankbedarf der Kreditinstitute (Refinanzierungsbedarf) ein. Das Eurosystem versorgt die Banken mit Liquidität gegen Bereitstellung von Sicherheiten. Dies ist ein wichtiges Instrument des Eurosystems, welches unter anderem die Offenmarktgeschäfte, ständige Fazilitäten und die Mindestreserve umfasst. Der Euroraum erlebte schon einige Krisen, wie zum Beispiel die Bankenkrise oder die Lehman-Pleite im September 2008, doch momentan geht es der Wirtschaft gut. Auch aufgrund der schnellen Reaktionen der Geldpolitik, zu denen auch die massive Leitzinssenkung von 4,25% auf 0,0% gehört. Dieses Niedrigzinsumfeld hat allerdings auch Auswirkungen auf die privaten Haushalte als Sparer. Private Haushalte können momentan Verbraucherkredite zu sehr guten Konditionen aufnehmen, jedoch stellen sich die Sparer die Frage, ob es sich überhaupt noch rentiert sein Geld auf der Bank anzulegen.
Zum Schluss der Veranstaltung stellte Herr Wahl die Frage nach der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung im Euroraum. Die wirtschaftliche Lage hat sich in vielen EU Ländern verbessert (jedoch noch nicht in allen), aber die Inflationsrate nähert sich noch nicht dauerhaft dem Inflationsziel an, so dass eine Leitzinserhöhung in naher Zukunft noch nicht ersichtlich ist.
Herr Wahl hat durch die stetige Einbindung der Schüler einen äußerst interessanten und informativen Vortrag gehalten. Durch praxisnahe und alltägliche Beispiele konnte er den Schülern die Geldpolitik des Eurosystems verständlich erläutern.
Text: Chiara Manici und Annika Briechle, 12FWD
Fotos: Davide Schönberger